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Vorhang auf für Stimm*Raum

„Stimm*Raum – Geschichten, die nicht geschrieben sind“ wurde am 17. September von Jugendlichen mit tschetschenischen Wurzeln auf der Traditionsbühne KULISSE Wien präsentiert.

Drei Junge Frauen, die auf einer dunklen Bühne stehen
Ein Publikum, dass vor einer Theaterbühne sitzt

Das Stück beginnt mit einem Wiegenlied. Im Dunkeln lauschen mehr als 200 Menschen. „Ich bin wuschelig und stolz. Ich bin Omas Kätzchen. Wenn die Oma mir Milch eingießt, dann trinke ich. Wenn sie sauer ist, bin ich traurig.“ Elf Gestalten bahnen sich einen Weg durch das Publikum auf die Bühne, ihre jugendlichen Stimmen erfüllen den Raum: „Alles fühlte sich wie ein nie endender Albtraum an. Menschen weinten und schrien vor Schmerz. Menschen und Tiere froren. Tausende Menschen starben.“

Diese traurigen, zornigen, kräftigen und manchmal auch albernen Stimmen gehören tschetschenischen Österreicher:innen, sie sind Kinder von Überlebenden. Den Gesten der Jugendlichen folgen Augenpaare, die Mütter, manche mit Kopftüchern, sitzen in der ersten Reihe. Vermutlich haben sie ihre Töchter noch nie so selbstbewusst erlebt, auf der Bühne, im 17. Bezirk, in der KULISSE Wien.

Geschichten aus dem Leben der zweiten Flüchtlingsgeneration

Neun Monate lang haben diese „Kinder“ unter der Leitung von Sabine Kerschbaum und Maynat Kurbanova (Soziale Initiative gGmbH) hart gearbeitet, an ihren freien Wochenenden Texte verfasst, ihre Stimmkraft unter der professionellen Führung von Melanie Herbe geschult, ihre Körpersprache mit Melina Marcher trainiert und daraus unter Anleitung von Regisseurin Lisa Maria Cerha die Choreografie entwickelt. Die Journalistin Susanne Scholl hat die Schirmherrschaft für Stimm*Raum übernommen und spricht bei der Premiere Grußworte. Kabarettist Klaus Oppitz führt als Moderator durch den Abend.

Alle jene im Publikum, die der Mehrheitsgesellschaft angehören, erfahren an diesem Theaterabend, wie es der zweiten Flüchtlingsgeneration geht, der sich immer wieder die Frage stellt, wie ein Leben unter den Erwartungen der Eltern, dem Druck, den Vorurteilen und der Zerrissenheit gelingen kann: „Ich bin ja nicht im Krieg. Muss mich nicht um mein Leib und Leben fürchten. Habe zu Essen, zu Trinken, ein Dach über dem Kopf. Ich sollte dankbar sein. Ich bin es aber nicht. Richtig schlimm von mir, oder? Ich und meine Ansprüche. Bist du groß genug, Österreich? Hast du Platz für meinen Schmerz? Platz für das Land in mir? Platz für meine Wut dir gegenüber? Platz für meine Art, dich zu lieben? Sag, hast du Platz für mich?“

Diese und viele weitere Fragen brechen aus den Jugendlichen, ihre Augen sind direkt auf das Publikum gerichtet. Sie artikulieren klar, manche tragen laut vor, andere eher leise, ihre Stimmen mischen sich, legen sich übereinander und hallen nach. Der Abend gelingt und es wird nicht die letzte Aufführung von Stimm*Raum gewesen sein.

Über weitere Termine – die noch in Planung sind – informieren wir auf der Homepage sowie auf Social Media:

https://www.facebook.com/SI.soziale.initiative 
https://www.instagram.com/soziale.initiative/

Fotocredit: Ana Alan